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Die Studienfahrt der K2 nach Berlin

Ein mysteriöser Stern, vier Verbündete und die 60 Schülerinnen und Schüler

Samstag, 17. September 2022. Ein Mann mit einem Holzstab, an dessen Ende sich ein sternenartiges Gebilde befand, machte sich auf den Weg zum Tuttlinger Bahnhof, um dort seine drei Verbündeten zu treffen. Diese setzten sich aus einem Historiker, einer Organisatorin und einer dauerhaft motivierten Chemikerin, die glatt hätte mit einer Schülerin verwechselt werden können, zusammen. So unterschiedlich sie auch waren, alle Vier hatten ein Ziel vor Augen: Die Berlinfahrt heil zu überstehen. Ob ihnen dieses Vorhaben gelungen ist und was es mit dem mysteriösen Stern auf sich hat, erfahrt ihr im weiteren Verlauf.

Und das war unsere Berlinfahrt:

Nachdem ab 8:30 Uhr die ersten, von Herrn Reif liebevoll als „Freunde der Sonne“, bezeichneten Schülerinnen und Schüler eintrudelten, wurde es für die vier Mitstreiterinnen und Mitstreiter langsam ernst. Während unserer Begrüßung stellte Herr Reif stolz sein künstlerisches Meisterwerk vor, welches seine „Schätzchen“ vom Verlorengehen abhalten sollte. Nach kurzer Demonstration der Funktion seines Sterns fragten wir uns alle, ob er in seinem ersten Leben nicht doch ein passionierter Tour-Guide gewesen war. Überraschenderweise waren alle pünktlich und auch das Einsteigen verlief reibungslos. Alles schien perfekt. Doch der Schein trog.

Bereits am Stuttgarter Hauptbahnhof fiel dem Pädagogenquartett auf, dass unser Anschlusszugleider gestrichen wurde. Gegen diese große Verzweiflung half nicht einmal mehr Herr Reifs strahlender Stern. Seine letzte Hoffnung: die überragenden Fahrplankenntnisse der organisierten Frau Reichle. Nachdem Plan B funktionierte und sowohl wir als auch unser heiliges Gepäck einen

Platz gefunden hatten, stand einem glatten Ablauf der Hinfahrt nichts mehr im Weg und endlich konnte das königliche „Veschper“ ausgepackt werden. Nun konnten die Vier ausatmen.

Am Berliner Hauptbahnhof angekommen, waren sie ihrem Ziel, einer ohne Zwischenfälle ablaufenden Berlinfahrt, bereits 753 km näher. Dass auf dem Weg dorthin aber bereits ein Rucksack verloren gegangen war und ein ausgelaufenes After Shave das Atmen im Zug erschwerte, ignorierten sie gekonnt. Genauso wie wir es schafften, an manchen Abenden die Hausordnung zu ignorieren, die besagte, dass laute Musik und große Treffen auf dem Flur eigentlich verboten sind. Das führte dazu, dass Herr Reif seinen ersten Nervenzusammenbruch bereits an Abend Nummer eins erlitt. Dazu später jedoch mehr.

Da die Tram zur Stasi-Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen bereits sehr früh abfuhr, startete der Sonntag im Chaos. Umso besser verliefen dafür die Führungen, die wir in mehreren Kleingruppen von Zeitzeugen persönlich erhielten. Die Zeit verging wie im Flug, da alle Informationen sehr spannend und interessant waren. Den Nachmittag konnten wir unterschiedlich gestalten. Für Frau Schwebler und Herrn Reif ging nun ein lang ersehnter Traum in Erfüllung: Das „ARISE Musical“ im Friedrichstadt-Palast, für das sie bereits seit Wochen in jeder Unterrichtsstunde fleißig Werbung machten. Quellen besagen, dass Herr Reif lauter als alle anderen Zuschauer applaudiert haben soll.

Danach trafen wir uns alle voller Elan vor dem Friedrichstadt-Palast, um ein gemeinsames Foto zu schießen. Eine ältere Dame beobachtete Herrn Reif dabei, wie er versuchte, uns alle zusammen auf ein Bild zu bekommen, und bot sich kurzerhand an, diesen Job für ihn zu übernehmen. Dies gestaltete sich als sehr schwierig, da sie nach zehn Minuten immer noch nicht den Auslöser gefunden hatte, wie Herr Reif dann zutiefst enttäuscht feststellen musste, als er sein Handy zurückbekam. Der anschließend geplante Spaziergang fiel wortwörtlich ins Wasser, da es auf einmal zu schütten begann.

Und nun die Eine-Million-Euro-Frage: Was passiert, wenn der Hostel-Besitzer Herrn Reif mitten in der Nacht anruft und ihm mitteilt, dass sich bereits die Nachbarn über die von uns erzeugte Lautstärke beschwert haben? Richtig: „Der Onkel wird sauer“ und bewacht die Flure. Doch die „Wut“ dauerte nicht lange, denn eine liebliche Melodie aus dem Hostelfoyer kündigte Herrn Janys Geburtstag an. Bei unseren „wunderschönen“ Stimmen konnte sich nicht einmal Herr Reif das Lachen verkneifen. Zumal Herr Jany von dem Gesang um ein Haar nichts mitbekommen hätte, da er sich lieber verstecken wollte.

Am Montag stand Wahlprogramm auf dem Plan. Wir konnten zwischen einem Besuch des Olympiastadions, der Berliner Unterwelten und des Futuriums wählen.

Das Programm des nächsten Tages war vollgepackt bis oben hin. Den Vormittag verbrachten wir in der KZ-Gedenkstätte und dem Museum Sachsenhausen. Danach machten wir uns gemeinsam auf den Weg zum Holocaust-Mahnmal in Berlin-Mitte. Schon bald stand die nächste Aktivität an. Doch bevor es dazu kam, mussten sich die vier Bündnispartner erst einmal mental darauf vorbereiten, denn der Club „Matrix“ war der größte Feind ihres Plans, vollständig zurückzukehren. Nachdem wir uns alle unter Herrn Reifs hochgestrecktem Stern befanden und ihm schworen, keine krummen Dinge zu tun, durften wir endlich feiern gehen. Unsere vier Aufpasser fragten sich höchstwahrscheinlich, was sie in unserer schulischen Erziehung falsch gemacht hatten, da wir die Lautesten im Club und für die gesamte Stimmung verantwortlich waren. Letztere wurde vermutlich nicht dadurch verursacht, dass einige männliche Wesen unserer Stufe auf rätselhafte Weise Teile ihrer Klamotten verloren hatten und ein Mittelhandknochen zu Bruch ging. Sogar Frau Schwebler machte die Tanzfläche unsicher und zeigte uns ihr Können. Abgesehen von einigen weiteren Zwischenfällen erreichten wir das Hostel noch vor dem Morgengrauen.

Am nächsten Morgen herrschte im Frühstücksraum gähnende Leere, da unsere Wecker komischerweise gezielt überhört wurden. Doch das betraf nicht Herrn Reif. Er stand wie immer überpünktlich bereit, um sein morgendliches Frühstück zu genießen. Unterstützt wurde er dabei von Herrn Jany, dem der wenige Schlaf auch nichts auszumachen schien. Vor allem an diesem Mittwoch war er voller Tatendrang, den Bundestag zu besichtigen. Mit dieser Euphorie steckte er auch Frau Reichle an. Zu unser aller Enttäuschung konnten wir jedoch keine Plenarsitzung mitverfolgen. In einem Besprechungsraum sollten wir ein Gespräch mit Maria-Lena Weiss, der CDU-Bundestagsabgeordneten der Landkreise Tuttlingen und Rottweil, führen. Bis diese jedoch kam, kümmerte sich ihr wissenschaftlicher Mitarbeiter um uns. Sein beruflicher Werdegang tat es Herrn Reif besonders an. In einer gefühlt vierstündigen Erklärung erfuhren wir, welche Qualifikationen es dafür benötigte. Während wir fast alle eingeschlafen waren, hörte Herr Reif gebannt zu. Daraufhin traute sich niemand mehr eine Frage zu stellen. Nachdem wir die Kuppel des Reichstagsgebäudes besichtigt und ein weiteres Gruppenfoto (dieses Mal wirklich) gemacht sowie mehrere Sicherheitskontrollen passiert hatten, erreichten wir endlich unser wohlverdientes Mittagessen. Unsere Vorstellungen wurden hierbei nur in Teilen erfüllt.

Dafür wurde die freie Zeit von Tag zu Tag besser, da wir uns in Berlin immer mehr auskannten und die Abende in der Lobby des Hostels bei ein paar Bieren mit den Lehrerinnen und Lehrern ausklingen ließen.

Unser letzter ganzer Tag war auch schon der Donnerstag. Hier konnten wir erneut zwischen mehreren Programmpunkten wählen. Manche machten sich auf den Weg ins Olympiastadion, andere besuchten die „Topographie des Terrors“ und der Rest machte eine Stadtführung. Bei einer gemeinsamen Bootstour auf der Spree, konnten wir noch einmal wichtige Orte und Sehenswürdigkeiten vom Wasser aus sehen, die wir im Laufe der Woche bereits besucht hatten. Anschließend trafen wir uns alle zusammen in einem indischen Restaurant, um dort ein letztes Mal Abend zu essen.

Die Rückfahrt am Freitagmorgen verlief wider Erwarten problemlos und wir kamen rechtzeitig in Tuttlingen an. Herrn Reifs abschließenden Worten nach zu urteilen, war die Berlinfahrt ein „Träumchen“. Das können wir so nur bestätigen.

Um nun die anfangs aufgeworfene Frage zu klären, ist es wichtig, sich den stolzen Gesichtsausdruck der vier Verbündeten vor Augen zu führen. Dank Herrn Reifs überall in Berlin deutlich erkennbaren Sterns ging tatsächlich niemand verloren. Ihr Vorhaben, uns alle heil wieder zurückzubringen, war ebenfalls geglückt. Man kann also sagen, dass die Berlinfahrt in jederlei Hinsicht ein voller Erfolg war!

Annika Guth & Sophie Merk